Besuch einer Trainingsstunde bei TC Han Kook
Mein Auftrag lautete: Beschreibung einer traditionelle Trainingsstunde im Taekwondo. Also habe ich mir nicht nur aus reiner Neugier eine Trainingsstunde Taekwondo beim Taekwondo Club Han Kook in Bad Kreuznach angeschaut um herauszufinden, wie sich wohl ein Neuling in der 1. Trainingsstunde so fühlt und welche Fragen auftauchen, auf die er sich eine Antwort erhofft.
Zum Trainingsbeginn
Da ich natürlich auch ein paar Fotos machen wollte, bin ich einige Zeit vor Trainingsbeginn in die Halle, dem sogenannten Dojang, (was so viel bedeutet wie Trainingshalle), um die Kamera aufzustellen.
Jan, der Trainer war bereits dabei sich aufzuwärmen und mental auf den Unterricht vorzubereiten. Beim Eintritt in die Halle passiert mir mein erster Fauxpas, denn die Tradition verlangt eine Verneigung bei jedem Betreten und Verlassen des Dojang. (Ich gelobe Besserung! )
Während ich Jan beim Aufwärmen zusehe sind bereits einige Schüler eingetroffen, die sich vor Beginn der Stunde in der Umkleide ihren Taekwondo-Anzug (Dobok) anziehen und dann die Halle betreten. (Keiner hat das Grüßen vergessen!)
Taekwondo und Regeln
Die Gruppe der Schüler besteht aus allen Altersgruppen - Anfänger wie Fortgeschrittene.
Das Training beginnt mit der Aufstellung. Ihrem Rang entsprechend stellen sich die Schüler gegenüber des Trainer auf, so dass der Ranghöchste Schüler, vom Trainer aus gesehen links außen steht. Dieser Schüler eröffnet mit einem koreanischen Gruß zum Trainer: „Charyot, Kyosa-nim, kyong-ye!“ und beide verbeugen sich. Danach verbeugen sich auch alle anderen Schüler um den Trainern ihren Respekt zu zeigen und der Trainer erwidert den Gruß. (Allerdings verneigt er sich nicht so tief wie seine Schüler.)
Dann ist Aufwärmen angesagt. Jan, hat sich für ein Ballspiel entschieden. Schnell werden 2. Gruppen gebildet und los geht’s! Die wilde Jagd nach dem Ball, um ihn in einer der Körbe zu befördern, beginnt. Durch das Laufen werden die Muskeln aufgewärmt und gelockert. Ältere und jüngere Schüler sind in den Gruppen gemischt. Wer aber jetzt glaubt, die Größeren nehmen den Kleinen den Ball weg, der hat sich getäuscht. Natürlich kämpft jeder um den Ball, aber nicht unfair.
Der „Geist“ des Taekwondo
Überhaupt ist Taekwondo eine Sportart, die sehr von Regeln und dem „Geist“ des Taekwondo bestimmt wird, die da lauten: Behandle Lehrer und jeden Partner mit Respekt, sei immer hilfsbereit und höflich. Übe Selbstkontrolle und Bescheidenheit. Gehe entschlossen vor und gebe niemals auf.
Es ist erfrischend zu sehen, dass die Kids (und natürlich auch die Erwachsenen) diese „Regeln“ auch wirklich beherzigen.
Nach dem Ballspiel geht es weiter mit Aufwärmgymnastik und Dehnungsübungen. Hierbei werden alle Muskeln gleichmäßig beansprucht.
Gruppentraining
Bei den danach folgenden Übungen wird die Gruppe geteilt. Ein Ranghoher Schüler übernimmt die „Neueinsteiger“, während die Fortgeschrittenen von Jan betreut werden und 3 Schüler sich dem Kamptraining widmen.
Die Übungen welche den Schülern durch Jan und einem Partner vorgestellt werden, erscheinen leicht und sehen fast tänzerisch aus, zeugen aber in Wirklichkeit von einem hohen Maß an Konzentration und Körperbeherrschung. Auch hier wird sich vor jeder Partner-Übung verneigt.
Die Übungen werden anfangs den Schülern erklärt und dann langsam und danach schneller vorgeführt und müssen dann zusammen mit einem Partner geübt werden.
Hier lernen die Schüler nicht nur die Kommandos sondern auch ein Gefühl für den eigenen Körper zu entwickeln.
Natürlich üben die Kämpfer während der Partnerübungen nur leichten Körperkontakt aus, um die Verletzungsgefahr möglichst gering zu halten.
Vorbereitung auf den Kampf
Im hinteren Teil des Dojang wird sich auf einen bevorstehenden Wettkampf vorbereitet. Hier üben 3 Schüler Technik und Koordination bereits erlernter Bewegungsabläufe.
Geübt wird der Kampfablauf im Vollkontakt-Freikampf. Bekleidet sind sie dabei mit Schutzweste, Kopfschutz und Gelenkschonern. Im Vordergrund steht die praxisnahe und wirkungsvolle Vorbereitung auf den Kampf. Alle Hand-, Arm- und Fußtechniken werden blitzschnell ausgeführt und bereits beim Zusehen wird einem schwindelig.
Anfängertraining
Die Anfänger oder Neueinsteiger werden gesondert trainiert. Hier ist die Aufgabe des Trainers sie langsam an Übungen und die Technik dazu heranzuführen. Mit Unterstützung eines Schlagpolsters, das der der Trainer in der Hand hält, werden die Grundbegriffe einzelner Techniken oder auch Kombinationen aufgezeigt. Die Schüler müssen bei ihren Übungen das Polster mit Hand oder Fuß treffen und so das Verständnis für Abläufe und die Möglichkeiten der Bewegungen lernen.
Ende des Trainings
Am Ende der Stunde folgt die Abschlussgymnastik um noch einmal alle Muskeln aufzulockern. Nach Beendigung des Trainings verabschieden sich die Schüler, wie bei der Begrüßung, mit einer Verneigung.
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Was mir noch aufgefallen ist:
Das Training selbst verläuft ohne größeres Geschwätz oder Lärm.
Verrutscht der Taekwondo-Anzug während des Trainings oder lockert sich der Gürtel, dreht sich der Schüler vom Trainer oder Partner weg und bringt die Kleidung wieder in Ordnung.
Fazit: Für mich war dieser Einblick in das Training und besonders der Umgang bzw. das Miteinander ein absoluter Pluspunkt für das Taekwondo. Ich denke das Höflichkeit, Aufrichtigkeit und Respekt meinen Mitmenschen gegenüber, Fundament unseres täglichen Lebens sein sollte.
Taekwondo formt den Charakter und fördert das Selbstvertrauen. Es verbessert die körperliche Fitness und die Gesundheit. Skeptiker gegenüber Kampfsportarten sollten wissen, dass Taekwondo nur zur Verteidigung angewendet wird.
Text: EHS